Sozialgericht Dortmund: 'Freie' Krankenpfleger sind zwingend Angestellte

Das Sozialgericht Dortmund – Urteil vom 29.10.2013 – S 25 R 2232/12 – hat eine Fachkrankenpflegerin, die jeweils auf Anfrage der Klinik „selbstständig“ im Aufwachraum eines Uniklinikums gearbeitet und dafür 45,- Euro pro Stunde bekommen hat, als abhängig Beschäftigte eingestuft.

Eingliederung in die Arbeitsorganisation

Eine Krankenpflegerin ist stets in den Klinikablauf integriert und erbringt keine „eigene Dienstleistung“. Dazu muss sie für ihre Arbeit zwingend die Arbeitsmittel und Dienstkleidung des Klinikums verwenden.

Keine freie Wahl der Arbeitszeit

Unwichtig ist, dass sich die Klägerin ihre Dienstzeit im Wesentlichen frei aussuchen konnte.

  • „Zwar war die Klägerin frei zu entscheiden, wann sie arbeiten wollte. Aber  mit der eigenen Eintragung in den Dienstplan endete die zeitliche Verfügungsfreiheit der Klägerin.“

Alle anderen Umstände nachrangig

Auch dass der Klägerin aufgrund der Honorarvereinbarung keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie kein Urlaubsgeld zustanden, war für das Sozialgericht unbedeutend. Auch wenn dem „Honorarvertrag“ eine andere Absicht zugrunde liegt: Für eine stationäre tägige Pflegekraft kommt eine Selbstständigkeit niemals in Betracht.

Welche Folgen hat das Urteil für die Praxis?

Viele Kliniken decken ihren Personalbedarf über scheinselbstständige Krankenpfeger/innen, die sie entweder direkt oder über „Vermittlungsagenturen“ anfordern. Allen Beteiligten – auch den Krankenpfegerinnen ! –  sollte spätestens jetzt klar sein, dass die „freie Mitarbeit“ kein Kavaliersdelikt mehr ist. Im Raum steht – neben den sozialrechtlichen Folgen – eine Strafbarkeit wegen des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266 a StGB).

Was können Betriebsräte der Kliniken unternehmen?

Betriebstäte sollten versuchen, eine Unterlassungsverfügung gegen den Klinik-Arbeitgeber zu erwirken, wenn die Honorarbeschäftigung wieder und wieder und ohne das Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG erfolgt. Der Unterlassungsanspruch lässt sich begründen mit einem eklatanten Verstoß gegen die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung. Daneben sollte der Prüfdienst der Rentenversicherung informiert und um Aufnahme von Ermittlungen gebeten werden.

Sollten Sie Unterstützung benötigen, sprechen Sie uns gern an. RA Holger Thieß – Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Sozialrecht – hilft gern weiter.