Sozialhilfeträger dürfen für als Darlehen gewährte Leistungen keine Zinsen verlangen. Jedenfalls dürfen sie Zinsen nicht einseitig festsetzen, urteilte am 27. Mai 2014 das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Aktenzeichen: B 8 SO 1/13). Hierfür gebe es keine rechtliche Grundlage. Hier das Urteil im Volltext.
In der Regel wird Sozialhilfe als Zuschuss gezahlt. Oft ist die Notlage aber auch absehbar zeitlich begrenzt, etwa wenn Bürger momentan keinen Zugriff auf ein vorhandenes Vermögen haben. In solchen Fällen gewähren die Sozialämter Sozialhilfe als Darlehen. Von Kommune zu Kommune war es bislang unterschiedlich, ob und in welcher rechtlichen Form hierauf Zinsen fällig wurden.
So gibt es in Berlin ein Bezirksamt, das Darlehen und Zinsen in einem Vertrag mit dem Sozialhilfeempfänger regelt. Die anderen Bezirksämter setzten die Zinsen einseitig in einem sogenannten Verwaltungsakt fest.
So war es auch in dem vom BSG entschiedenen Fall. Die Klägerin war nach ihrer Scheidung auf Sozialhilfe angewiesen. Nach dem Tod ihrer Eltern erbte sie gemeinsam mit ihren Geschwistern ein Grundstück. Die Geschwister stritten jedoch zwei Jahre lang um die Aufteilung des Erbes. Die Frau konnte in dieser Zeit auf ihren Anteil nicht zugreifen und konnte ihn auch nicht beleihen. Daher war sie weiter auf Sozialhilfe angewiesen.
Das Bezirksamt gewährte die Unterstützung als Darlehen, insgesamt rund 22.000 Euro. Als die Frau schließlich ihren Erbanteil von 89.000 Euro ausbezahlt bekam, wurde das Darlehen fällig und das Sozialamt rechnete auch Zinsen ab: vier Prozent rückwirkend über die Laufzeit und ab Fälligkeit fünf Prozentpunkte über dem Basiszins (damals, 2005, rund 1,2 Prozent).
Die Frau zahlte alles, verlangte aber die Zinsen von gut 2.000 Euro zurück. Das Bezirksamt lehnte dies unter Hinweis auf das Vermögen ab. Im Gesetz sei dies zwar nicht ausdrücklich geregelt, schon mit dem Wort „Darlehen“ seien in der Regel aber auch Zinsen verbunden.
Dem hat das BSG nun deutlich widersprochen. Es gebe verzinste und zinslose Darlehen, der Begriff sei hierzu „wertneutral“. Die Frage der Zinsen und erst recht deren Höhe könne bei Sozialhilfe-Darlehen nur der Gesetzgeber regeln. Eine solche gesetzliche Grundlage gebe es aber nicht.
Nach dem Kasseler Urteil dürfen Sozialämter daher keine Darlehenszinsen mehr festsetzen. Auch für laufende Darlehen müssen Sozialhilfeempfänger die zum Abschluss abgerechneten Zinsen nicht bezahlen.
Nicht ausdrücklich entschieden hat das BSG, ob Sozialämter Zinsen verlangen können, wenn sie über ihre Darlehen jeweils einen Vertrag mit dem Empfänger abschließen. Nach der Argumentation der obersten Sozialrichter wäre aber auch dies vermutlich nicht zulässig.