LAG Baden-Württemberg: Leiherlaubnis hilft bei Scheinwerkvertrag nicht

Nach der aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Urteil vom 03.12.2014 – 4 Sa 41/14 entsteht ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleihunternehmen, wenn sich der Auftrag als Scheinwerkvertrag (= verdeckte Arbeitnehmerüberlassung) herausstellt. Eine Leiherlaubnis des beauftragten Drittunternehmens hilft dem Entleihunternehmen nicht.

Scheinwerkverträge werden „bestraft“

Eine gute Entscheidung. Das Gericht wirft dem beklagten Unternehmen zu Recht vor, dass es die Vorschriften im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in treuwidriger Weise zu seinen Gunsten nutzt. Wer einen Mitarbeiter wie einen eigenen Arbeitnehmer in seinem Unternehmen einsetzt und dabei mit Scheinwerkverträgen operiert, darf nicht aus der Arbeitgeberverantwortung entlassen werden.

Überprüfung durch Bundesarbeitsgericht?

Bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht die Sache auch so sieht. Bisher war es in solchen Fragen ausgesprochen arbeitgeberfreundlich und hat eine Berufung auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) in der Regel abgelehnt. Eine Aufhebung der Entscheidung ist also keinesfalls unwahrscheinlich.

Rechtsunsicherheit ist da

Trotzdem wird das Urteil seine Wirkung nicht verfehlen, die Rechtsunsicherheit ist da. Zu hoffen ist, dass der Gesetzgeber endlich aktiv wird und der verdeckten Überlassung den doppelten Boden entzieht.

 

Nachfolgend die Pressemitteilung des Gerichts vom 04.12.2014 im Volltext:
 

Der Kläger ist Entwicklungsingenieur. Er wurde bei der beklagten Firma EvoBus GmbH in Mannheim seit 20.05.2011 durchgehend in derselben Abteilung auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt. Angestellt war er nacheinander bei 3 verschiedenen Drittfirmen. Der Einsatz des Klägers bei der Beklagten erfolgte in Erfüllung sogenannter Rahmenwerkverträge zwischen den Drittfirmen und der Beklagten. Nach den gerichtlichen Feststellungen war der Kläger jedoch voll betrieblich eingegliedert und unterstand im Hinblick auf die zu erbringenden Arbeitsleistungen dem Weisungsrecht der Beklagten, was trotz gegenteiliger vertraglicher Bezeichnungen bewusst so gewollt war. Dem Kläger, der wegen dieses bloßen „Scheinwerkvertragsverhältnisses“ die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten geltend machte, wurde von der Beklagten entgegengehalten, dass alle 3 Drittunternehmen über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügten. Dass der Einsatz des Klägers bei der Beklagten im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung hätte erfolgen sollen oder können, wurde jedoch weder im Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und den Drittunternehmen, noch in den Werkverträgen zwischen den Drittunternehmen und der Beklagten transparent gemacht.

Das Landesarbeitsgericht hat, anders als die Vorinstanz, entschieden, dass es ein widersprüchliches Verhalten sowohl der Drittfirmen als auch der Beklagten darstelle, sich nunmehr auf ein Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis bei bestehender (Vorrats) Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis zu berufen. Verleiher und Entleiher haben sich während der gesamten Vertragslaufzeiten gerade außerhalb des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) stellen wollen und somit bewusst den durch das AÜG vermittelten Sozialschutz des Klägers zu verhindern versucht. Da sich die Verleiher nicht auf die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis berufen dürfen, ist der Arbeitsvertrag zwischen den Drittunternehmen und dem Kläger nichtig. Es gilt vielmehr ein Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten als zustande gekommen.

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg – Urteil vom 03.12.2014 – 4 Sa 41/14
Vorinstanz: Arbeitsgericht Stuttgart – Urteil vom 08.04.2014 – 16 Ca 8713/13