LAG Berlin-Brandenburg: Keine Minusstunden bei Nichteinsatz in der Leiharbeit

Das LAG Berlin-Brandenburg – Urteil vom 17.12.2014 – 15 Sa 982/14 – hat entschieden, dass es dem Verleiher untersagt ist, auf dem Arbeitszeitkonto eines Leiharbeitnehmers Arbeitszeiten nicht zu berücksichtigen, weil er den Leiharbeitnehmer zu anderen Zeiten nicht bei einem Entleiher einsetzen konnte. Damit stellt sich das Gericht gegen die Entscheidung des LAG Hamburg, das eine solche Verrechnung in einem von uns betreuten Fall für zulässig erklärt hatte.

Eine einseitige Verrechnung der Stunden zu Lasten des Leiharbeitnehmers sei gesetzlich ausgeschlossen; entgegenstehende tarifliche Regelungen seien – wenn sie denn überhaupt so auszulegen wären – unzulässig. Ein gutes und hoffentlich wegweisendes Urteil der 15. Kammer des LAG Berlin.

Das Gericht hat die Revision zugelassen. Anders als das LAG Hamburg – Urteil vom 22.07.2014 – 4 Sa 56/13 im Falle unserer Mandantin: Hier wurde die Revision nicht zugelassen, so dass wir nach eingelegter Nichtzulassungsbeschwerde auf die Entscheidung des BAG warten müssen (Aktenzeichen 5 AZN 809/14). Die Einschätzung des LAG Berlin gibt uns Hoffnung, dass in unserer Sache das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

 

Nachfolgend die Pressemitteilung im Volltext:

 

Arbeitszeitkonto im Leiharbeitsverhältnis – Kein Abbau von Plusstunden wegen fehlender Einsatzmöglichkeit beim Entleiher

Das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers kann nicht durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden (§ 11 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – AÜG). Es ist danach dem Verleiher untersagt, auf dem Arbeitszeitkonto eines Leiharbeitnehmers Arbeitszeiten nicht zu berücksichtigen, weil er den Leiharbeitnehmer zu anderen Zeiten nicht bei einem Entleiher einsetzen konnte.

Der Arbeitgeber betreibt Arbeitnehmerüberlassung und setzte die Arbeitnehmerin als Sachbearbeiterin bei Entleihern ein. Die Arbeitnehmerin erhielt unabhängig von ihrer tatsächlichen Einsatzzeit eine regelmäßige monatliche Vergütung auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit; ihre tatsächlichen Arbeitszeiten wurden in einem Arbeitszeitkonto erfasst. Der Arbeitgeber berücksichtigte dort Zeiten, in denen er die Arbeitnehmerin nicht einsetzen konnte, zu Lasten der Arbeitnehmerin.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat das Vorgehen des Arbeitgebers für unzulässig gehalten. Der zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossene Manteltarifvertrag (MTV) Zeitarbeit vom 22. Juli 2003, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, erlaube es nicht, auf dem Arbeitszeitkonto vorhandene Plusstunden einseitig mit Minusstunden zu verrechnen, die sich deswegen ergeben, weil für den Arbeitnehmer keine Einsatzmöglichkeit besteht.

Selbst wenn der Tarifvertrag anders auszulegen wäre, dürfe das Risiko des Verleihers, den Leiharbeitnehmer nicht einsetzen zu können, nicht im Rahmen eines Arbeitszeitkontos auf den Leiharbeitnehmer verlagert werden. Eine einseitige Verrechnung dieser Stunden zu Lasten des Leiharbeitnehmers sei gesetzlich ausgeschlossen; entgegenstehende tarifliche Regelungen seien unzulässig.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.12.2014 – 15 Sa 982/14

(Quelle: Pressemitteilung Nr. 01/15 vom 08.01.2015 auf www.berlin.de)