Seit Andrea Nahles ihren Gesetzentwurf zur Neuregelung von Leiharbeit und Werkverträgen auf den Weg gebracht hat, werden fast täglich neue Einschätzungen und Stellungnahmen veröffentlicht. Die Tendenz: Der neue Kriterienkatalog des § 611 a BGB-RefE gerät zunehmend unter Beschuss, das Arbeitsministerium soll speziell an diesem Punkt „nachbessern“.
Erschwerung der Auslagerung befürchtet
Durchaus zu Recht wird moniert, dass nicht alle Kriterien als Indiz für ein Arbeitsverhältnis taugen. Unklar bleibt auch, welche Bedeutung die Kriterien für die Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Leiharbeit haben. Die Lobby der großen deutschen Arbeitgeber befürchet nicht zu Unrecht, dass die Auslagerung von Arbeitsplätzen an andere Unternehmen und Selbstständige schwieriger wird.
Gleichschaltung Sozialrecht/Arbeitsrecht ist wünschenswert
Entscheidend für die Interessen der Arbeitnehmerseite dürfte sein, dass der § 611 a Abs. 3 BGB-RefE gerettet werden kann. Die „Gleichschaltung“ von sozialrechtlicher und arbeitsrechtlicher Bewertung wäre ein wichtiger Fortschritt. Die Rentenversicherungsträger stellen die soziale Schutzbedürftigkeit stärker in den Vordergrund und messen – anders als viele Arbeitsrichter – den schriftlichen Verträge deutlich weniger Bedeutung bei. Bleibt die Vermutungsregelung des § 611 a Abs. 3 BGB-RefE erhalten, ist der Kriterienkatalog verzichtbar.
Lesetipp: Schüren/Fasholz in NZA 2015, 1473
Wer eine fundierte Kritik des Gesetzesvorhabens lesen möchte, dem sei der Aufsatz von Schüren/Fasholz in der jüngsten NZA 2015, S. 1473-1478 empfohlen. Die Autoren bezweifeln die korrekte Umsetzung der EU-Richtlinie Leiharbeit 2008/104/EG, sie monieren handwerkliche Mängel und setzen sich kritisch mit dem Kriterienkatalog und mit dem Widerspruchsrecht auseinander. Lesenswert.