Nahles' Gesetzentwurf Leiharbeit: Die Grünen positionieren sich

Während die Beoabachter auf den neuen Entwurf aus dem Bundesarbeitsministerium warten, positionieren sich die Grünen im Kampf gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen. Mit dem Antrag „Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen verhindern“ (Bundestags-Drucksache 18/7370) stellen sie Ihre Eckpunkte vor.

… zur Leiharbeit:

  • Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wird der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ab dem ersten Tag festgeschrieben.
  • Leiharbeitskräfte erhalten eine Flexibilitätsprämie in Höhe von 10 Prozent des Bruttolohns als Ausgleich für höhere Flexibilitätsanforderungen.
  • Auf eine Höchstüberlassungsdauer wird verzichtet.
  • Leiharbeitskräfte dürfen nicht in bestreikten Betrieben eingesetzt werden.
  • Gerichtlich festgestellte nicht „vorübergehende“ Leiharbeit gilt als illegale Leiharbeit mit allen entsprechenden rechtlichen Konsequenzen

 

… zum Werkvertrag:

 

  • Im AÜG wird eine eindeutige und praxistaugliche Abgrenzung für den drittbezogenen Fremdpersonaleinsatz zwischen verdeckter Leiharbeitund zulässigen Werk- bzw. Dienstverträgen aufgenommen. Entscheidend ist nicht der Vertragsinhalt, sondern die tatsächliche Durchführung des Vertrags im Betrieb.
  • Bei einem als Werkvertrag bezeichneten Vertrag wird verdeckte Leiharbeit vermutet, wenn kein konkret bestimmtes Ergebnis/Werk vereinbart wurde bzw. die Abrechnung nach Zeiteinheiten und nicht ergebnisbezogen erfolgt. Liegen bei Dienst- bzw. Werkverträgen mindestens zwei der folgenden  Prüfkriterien vor, wird verdeckte Leiharbeit vermutet:
  1. es besteht keine eigenverantwortliche Organisation des Werk- bzw. Dienstvertragsunternehmens (die Beschäftigten sind in die Arbeitsabläufe des Bestellbetriebs eingegliedert, Zeiteinteilung erfolgt durch den Besteller der Leistung, hohe Einflussnahme des Bestellers auf Anzahl und Qualifikation der eingesetzten Beschäftigten);
  2. die Leistungen bzw. das Werk werden nicht mit eigenem, sondernim Wesentlichen mit dem Material und Werkzeug des Bestellunternehmens erbracht;
  3. es besteht ein umfängliches Weisungsrecht (fachlich, örtlich, zeitlich) des Bestellers gegenüber den im Betrieb tätigen Beschäftigten des Werk- bzw. Dienstvertragsunternehmens, eine freie Gestaltung der Betriebsabläufe ist nicht möglich;
  4. das Werk- bzw. Dienstvertragsunternehmen trägt nicht das unternehmerische Risiko, insbesondere muss es nicht für Mängel oder schlechte Leistung haften;
  5. die Beschäftigten des Werk- bzw. Dienstvertragsunternehmens verrichten die gleichen Tätigkeiten, wie die Beschäftigten des Bestellers.
  • Bei dieser Vermutung handelt es sich um eine widerlegbare Vermutung.Kann die Vermutung nicht widerlegt werden, dann ist von Leiharbeit auszugehen. Im Zweifelsfall muss der Auftrag gebende Betrieb das Vorliegen eines legitimen Werk- bzw. Dienstvertrags nachweisen. 
  • Scheinwerk- oder Scheindienstverträge fallen nicht mehr unter den Schutz einer vorhandenen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Alle im AÜG vorgesehenen Rechtsfolgen bei illegaler Leiharbeit kommen in vollem Umfang zum Tragen.

 

… zur Schein-Selbstständigkeit:

  • Es werden Maßnahmen ergriffen, um die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung eindeutig und praxistauglich zu regeln, um Schein-Selbstständigkeit zu verhindern und gleichermaßen die Statusfeststellung von Selbstständigen in einer modernen Arbeitswelt zu erleichtern:
  • Die in der Rechtsprechung entwickelten Indizien für eine abhängige Beschäftigung müssen vereinfacht und gesetzlich festgeschrieben werden. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sprechen beispielsweise folgende Indizien für Schein-Selbstständigkeit:
  1. die Person beschäftigt regelmäßig keine sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten;
  2. die Person ist auf Dauer und im We sentlichen nur für einen Auftraggeber tätig;
  3. der Auftraggeber oder vergleichbare Auftraggeber lassen entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm angestellte Beschäftigte verrichten;
  4. die Person ist in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert und lässt keine typischen Merkmale unternehmerischen Handelns erkennen.
  • Die gesetzlich formulierten Abgrenzungskriterien müssen im Sozial-, Arbeits- und Steuerrecht vereinheitlicht werden, um mögliche Doppel- bzw. Dreifachprüfungen zu vermeiden. 

 

… zur Mitbestimmung der Betriebsräte:

  • Betriebsräte erhalten mehr Informations- und Mitbestimmungsmöglichkeiten hinsichtlich des Einsatzes von Leiharbeit und Werk- bzw. Dienstverträgen:
  • Die nach geltender Rechtslage bereits bestehende Verpflichtung der Arbeitgebenden, den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend auch dann zu unterrichten, wenn es um den beabsichtigten Einsatz von Leiharbeitskräften und Werk- bzw. Dienstvertragsbeschäftigten geht, wird zur Verdeutlichung nunmehr gesetzlich klargestellt.
  • Das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats wird analog zur Leiharbeit auf den Einsatz von Fremdpersonal, das aufgrund von Werkund Dienstverträgen länger als einen Monat auf dem Betriebsgelände eingesetzt wird, erweitert. 
  • Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezüglich Arbeitsschutz wird analog zur Leiharbeit auf die bislang faktisch schutzlosen Werk- bzw. Dienstvertragsbeschäftigten erweitert.
  • Leiharbeitskräfte sind bei den betrieblichen, für die Wahlordnungen und die Unternehmensmitbestimmung geltenden Schwellenwerten mitzuzählen.