LG Berlin: Bund haftet nicht für Minderverdienst einer Dauer- Leiharbeitnehmerin

In dem Rechtsstreit einer von unserer Kanzlei vertretenen Leiharbeitnehmerin, die nach 8 Jahren Dauerüberlassung Schadensersatz wegen des Minderverdienstes begehrt, hat das LG Berlin die Klage abgewiesen. Die Begründung liegt noch nicht vor, allerdings hat das Gericht eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der die Entscheidung in kurzen Worten erläutert wird.

Kein offenkundiger Verstoß

Das Landgericht sieht keinen offenkundigen Verstoß des Bundes. Der Gesetzgeber habe ein weites Ermessen und könne die gesetzlichen Regelungen so ausgestalten, dass eine unbefristete Überlassung zu einem wesentlich schlechteren Gehalt möglich bleibe. Unsere Mandantin erhielt knapp 1.000,- Euro pro Monat weniger als eine festangestellte Klinik-Psychologin.

Ob gegen das Urteil Berufung eingelegt wird, wird sich nach Übermittlung der vollständigen Urteilsbegründung entscheiden.

 

Die Pressemitteilung im Volltext

Landgericht Berlin: keine Amtshaftung der Bundesrepublik wegen evtl. fehlerhafter Umsetzung der EU- Leiharbeiterrichtlinie (PM 15/2016)
Pressemitteilung vom 23.02.2016

Der Präsident des Kammergerichts
Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin

Die Zivilkammer 28 des Landgerichts Berlin hat am 22. Februar 2016 eine Klage abgewiesen, mit der die Klägerin einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen fehlerhafter Umsetzung der sog. Leiharbeiterrichtlinie 2008/104/EG geltend gemacht hatte.

Die Klägerin war als Diplom-Psychologin in den Jahren 2009 bis 2014 durchgehend in einer Klinik in Brandenburg tätig. Den zunächst zeitlich befristeten und zuletzt unbefristeten Arbeitsvertrag hatte sie jedoch nicht mit der Klinik abgeschlossen, sondern mit konzerneigenen Personalservicegesellschaften auf der Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Im Rahmen dieser Verträge bezog die Klägerin ein geringeres Gehalt als die bei der Klinik unmittelbar Beschäftigten.

Die Klägerin hatte zunächst Klage vor den Arbeitsgerichten erhoben und wollte die Feststellung erreichen, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der Klinik bestehe. Der Gang bis vor das Bundesarbeitsgericht blieb allerdings erfolglos.

In dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz wegen des behaupteten Minderverdienstes in Höhe von insgesamt ca. 33.000,00 EUR brutto in Anspruch genommen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Leiharbeiterrichtlinie verbiete eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung ohne vollen Lohnausgleich. Das AÜG enthalte zwar ein Verbot der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung, knüpfe aber keine Sanktion an einen Verstoß. Dadurch sei die Bundesrepublik nicht den Anforderungen der EU-Richtlinie nachgekommen.

Die Klägerin hatte vor dem Landgericht Berlin keinen Erfolg. Die Kammer ließ nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung offen, ob die Richtlinie überhaupt fehlerhaft umgesetzt worden sei. Jedenfalls fehle es an dem nach dem EU-Recht erforderlichen offenkundigen Verstoß. Denn der Gesetzgeber habe bei der Umsetzung von EU-Recht in das nationale Recht einen weiten Spielraum.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Dagegen ist Berufung zum Kammergericht möglich. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt einen Monat ab Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe, die noch nicht vorliegen.

Landgericht Berlin, Urteil vom 22. Februar 2016
Aktenzeichen 28 O 6/15