Seit es die Arbeitszeitkonten in den Tarifverträgen der Leiharbeit gibt, stellen sich Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Rechtsanwälte und Gerichte immer wieder dieselbe Frage: Ist der Verleiher berechtigt, einsatzfreie Zeiten als Minusstunden auf das Guthaben im Arbeitszeitkonto des Zeitarbeitnehmers anzurechnen? Und wenn ja: Unter welchen Voraussetzungen?
Während das LAG Hessen – Urteil vom 09.06.2015 – 15 Sa 766/14 und auch das BAG – Urteil vom 16.04.2014 – 5 AZR 483/12 die Anrechnung zumindest unter bestimmen Voraussetzungen erlaubt haben, hat zuletzt eine andere Kammer des LAG Hessen festgestellt, dass der Personaldienstleister dazu nicht berechtigt sein soll (LAG Hessen – Urteil vom 28.04.2016 – 9 Sa 1287/15 – noch nicht veröffentlicht). Die eingestellten Minusstunden müssten dem Zeitarbeitnehmer wieder gutgeschrieben werden.
Die 9. Kammer des LAG Hessen meint, dass der Arbeitsvertrag dem beklagten Personaldienstleister nicht die Befugnis einräume, Nichteinsatzzeiten als Abzugsposition im Arbeitszeitkonto zu verbuchen. Dort sei die Anwendung der tariflichen Regelung vereinbart und damit lediglich, dass das Konto nur zum Ausgleich zwischen der vereinbarten und der tatsächlichen Arbeitszeit eingerichtet sei. Dies ermächtige den Arbeitgeber nicht, Nichteinsatzzeiten einseitig als Abzugsposition im Arbeitszeitkonto zu verbuchen. Dass es der erklärte Wille der Tarifvertragsparteien gewesen sei, eine beschäftigungssichernde Regelung zu schaffen, ändere nichts an dem Abzugsverbot. Die einseitige Entnahme von Überstunden durch den Arbeitgeber sei im Tarifvertrag gerade nicht erwähnt.