Man stelle sich vor, es ist Streik, und niemand kontrolliert die Einhaltung des Streikbruchverbots. Kaum denkbar? Der Verfasser sieht gravierende Mängel bei der zuständigen Agentur für Arbeit.
Kontrolle funktioniert noch nicht
In der Metall- und Elektroindustrie werdem flächendeckende 24-Stunden-Warnstreiks durchgeführt. Die IG Metall hat ihre Zeitarbeitnehmer darauf vorbereitet, was zu tun und was zu lassen ist. Aber wer überprüft eigentlich, dass die Entleihunternehmen nicht doch auf Zeitarbeitnehmer zurückgreifen?
Dass die Kontrolle nicht funktioniert, war im Sommer vergangenen Jahres in Hamburg zu erleben. Von Mai bis Juli 2017 rief Verdi im Einzelhandel an 8 Tagen zum Streik auf. Während der Streiktage kamen in einem großen Unternehmen – wie sich später herausstellte – insgesamt 400 Leiharbeitnehmer zum Einsatz. Bis heute ist noch nicht einmal ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Wer schützt die Gewerkschaften und ihre Mitglieder?
Nach der neuen Gesetzeslage schien dem Entleihunternehmen in dem fraglichen Fall ein Riesenärger zu drohen. Immerhin werden Verstöße gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 8a, Abs. 2 AÜG mit Geldbuße bis zu 500.000 € geahndet! Pro Fall!
Aber wer verfolgt diese Ordnungswidrigkeiten eigentlich? Wer schützt die Gewerkschaften und ihre Mitglieder, für die das Gesetz gemacht worden ist? Wie kann z. B. die IG Metall sicherstellen, dass während der Warnstreiks nicht das Gleiche passiert wie den Verdi-Kollegen in Hamburg?
Gravierende Mängel bei der Agentur für Arbeit
Tatsächlich sieht es nach den Informationen des Unterzeichners eher schlecht aus. Zwar soll es bei der zuständigen Agentur für Arbeit ein Team für die Verfolgung dieser Ordnungswidrigkeiten geben. In diesem ohnehin nur kleinen Team herrscht aber offenbar große Unsicherheit darüber, welche Befugnisse man gegenüber den Entleihunternehmen hat. Unter welchen Voraussetzungen darf die Agentur gegen Entleihunternehmen tätig werden? Welche Auskünfte müssen Entleiher ggf. erteilen? Besteht das Recht, Ermittlungen vor Ort durchzuführen?
Ermittlungen vor Ort kann man wohl vergessen – schon weil der Agentur die nötigen Mitarbeiter fehlen. Und wenn es wenigstens im Nachhinein zu Sanktionen kommen soll, erwartet die Arbeitagentur offensichtlich, einen von vorn bis hinten ermittelten und „wasserdichten“ Sachverhalt präsentiert zu bekommen. Was nicht ganz einfach ist: Denn die Auslegung des Gesetzes lässt viel Interpretationsspielraum zu, und wer Daten über den Einsatz von Leiharbeitnehmern weitergibt, dem könnte erheblicher Ärger von Seiten des Enleihunternehmens drohen.
Politischer Druck ist notwendig
Die IG Metall scheint gut beraten, der Agentur für Arbeit auf politischer Ebene Beine zu machen. Das viel gelobte Streikbruchverbot bliebe ein äußerst stumpfes Schwert, wenn für seine Durchsetzung kein Personal und keine Rechtsgrundlagen bestehen. Es bedarf einer verhementen Intervention der Gewerkschaften.