LAG Berlin: Ausgründung von Servicegesellschaften führt nicht zu verdeckter Leiharbeit

Keine Aufspaltung der Belegschaft und TVöD bzw. TV-L für alle, das sind zentralen Forderungen der ver.di für die Beschäftigten an Krankenhäusern.

Die aktuelle Gesetzeslage und die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte stehen dem leider entgegen. Nach der jüngsten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin – Urteil vom 30. Januar 2020 – 10 Sa 1846/19 sind dem Outsourcing und der Tarifflucht weiterhin Tür und Tor geöffnet.

Die Klage unseres Mandanten, eines Physiotherapeuten an der renommierten Charité, endete mit einer Pleite. Obwohl er über Jahre hinweg ausschließlich in der Frühmobilisation einer Intensivstation arbeitete, sah das Gericht erstaunerlicherweise keine Eingliederung in den Krankenhausbetrieb. Der Vertragsarbeitgeber, der das ausgegründete therapeutische Personal, unter Vertrag genommen hatte, erbringe seine Dienstleistung im Wege eines freien Dienstvertrages. Es liege kein Schein-Werkvertrag und keine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vor.

In seiner mündlichen Urteilsbegründung verwies der Vorsitzende Richter der 10. Kammer darauf, dass der Vertragsarbeitgeber das Personal immerhin selbst administriere und disponiere. Das reiche aus, um den Verdacht der Arbeitnehmerüberlassung auszuräumen. Dass der Kläger in der täglichen Zusammenarbeit kleinteilige Weisungen von den Ärzten erhalte, davon gehe er im Interesse der Patienten aus; dies reiche aber nicht aus, eine Eingliederung im Sinne des Gesetzesdefinition anzunehmen.

Das Urteil stellt leider keinen Einzelfall dar, es bestätigt vielmehr die Tendenz der letzten Jahre. Die herkömliche Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werk-/Dienstvertrag ist veraltet. Der Anwendungsbereich der Leiharbeit ist auf ein Minimum geschrumpft – und damit die Aussicht, das Outsourcing von patientennahen Klinikbereichen als Schein-Werkvertrag zu enttarnen.

Nach allem ist der Gesetzgeber zum Handeln gezwungen, wenn er der Tarifflucht und der Spaltung von Belegschaften entgegenwirken will. Die Arbeitsgerichte interpretieren die aktuelle Gesetzeslage im Sinne einer rigiden Auslegung zugunsten der Arbeitgeberseite. Eine Entscheidung wie jüngst jene des LAG Baden-Württemberg  – Urteil vom 05.04.2017 – 4 Sa 53/16 ist da nur eine seltene Ausnahme, die die Regel bestätigt.