Nicht geimpfte Beschäftigte im Gesundheitswesen: Wichtige Fragen und Antworten

Nicht geimpfte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Krankenhäusern, Praxen, Rettungsdiensten, Pflegeeinrichtungen usw. stellen sich die Frage, welche Auswirkungen § 20 a Infektionsschutzgesetz auf ihr Arbeitsverhältnis hat:

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

1. Welche Verpflichtung besteht gegenüber dem Arbeitgeber?

Wer bereits vor dem 16. März 2022 in einer Arztpraxis oder einer anderen im Gesetz genannten Einrichtung tätig ist, muss dem Arbeitgeber bis zum Ablauf des 15. März 2022 Folgendes vorlegen:

  •     einen Impfnachweis im Sinne des § 2 Nummer 3 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung  oder
  •     einen Genesenennachweis im Sinne des § 2 Nummer 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassungoder
  •     ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.
  •  

2. Was passiert, wenn ein solcher Nachweis nicht vorgelegt wird?

Wird bis zum Ablauf des 15. März 2022 kein solcher Nachweis vorgelegt, muss der Arbeitgeber das Gesundheitsamt darüber benachrichtigen und diesem die personenbezogenen Daten des betreffenden Arbeitnehmers übermitteln.

 

3. Was unternimmt das Gesundheitsamt nach der Meldung durch den Arbeitgeber?

Das Gesundheitsamt trifft eine Ermessensentscheidung. Es „kann“ nach § 20a Abs. 5 IFSG die Vorlage eines Nachweises vom betroffenen Mitarbeiter anfordern. Dass diese Entscheidung getroffen wird, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

 

4. Was geschieht, wenn dann der Nachweis ausbleibt?

Das Gesundheitsamt trifft eine weitere Ermessensentscheidung.Dabei wird es vor allem die Auswirkungen eines behördlichen Betretungs- oder Tätigkeitsverbot berücksichtigen. Es wird unter anderem eine Rolle spielen, wie die Auswirkungen des Ausfalls der betroffenen Mitarbeiter für die Funktionsfähigkeit des allgemeinen Versorgungssystems bzw. der konkreten Versorgungseinrichtung ist. Dass ein Verbot dann ausgesprochen wird, ist ebenfalls wahrscheinlich, wenn auch nicht sicher.

 

5. Was kann/muss der Arbeitgeber tun, solange die Behörde noch keine Entscheidung getroffen hat?

Es besteht kein automatisches Beschäftigungsverbot, weshalb der Arbeitgeber auch weiterhin Arbeit zuweisen muss; jedenfalls solange keine konkrete Gefährdungslage besteht.

 

6. Was kann der Arbeitnehmer tun, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz fehlender behördlicher Entscheidung nicht weiterbeschäftigt?

Der Arbeitnehmer kann seine Arbeitskraft ausdrücklich anbieten und versuchen, die Weiterbeschäftigung durch einstweilige Anordnung beim Arbeitsgericht durchzusetzen. Wie die Arbeitsgerichte dann entscheiden, bleibt abzuwarten.

 

7. Muss der Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen, wenn er die Weiterbeschäftigung trotz fehlender behördlicher Entscheidung verweigert?

Wenn der Arbeitgeber zur (vorläufigen) Weiterbeschäftigung verpflichtet ist, dieser Pflicht aber nicht nachkommt, muss er den Lohn gemäß § 615 BGB (Annahmeverzug) zahlen. Ob er dies macht bzw. ob dies von den Arbeitsgerichten tatsächlich so entschieden wird, bleibt ebenfalls abzuwarten.

 

8. Bekommt der Arbeitnehmer Arbeitslosengeld, wenn ihn der Arbeitgeber trotz Weiterbeschäftigungspflicht nicht mehr bezahlt?

Grundsätzlich ist die Arbeitsagentur dann zur Leistung verpflichtet (sog. Gleichwohlgewährung). Ob sie dieser Leistungspflicht dann auch wirklich nachkommt, bleibt … abzuwarten.

 

9. Kann dem Arbeitnehmer wegen des fehlenden Impfnachweises gekündigt werden?

Dies hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Grundsätzlich wird der Arbeitgeber aber vorher eine Abmahnung aussprechen müssen. Ob er dies alles tut und welche Entscheidung das Arbeitsgericht dann fällt, bleibt … abzuwarten

 

Fazit:

Für bisher nicht geimpfte Arbeitnehmern in Krankenhäusern, Praxen, Rettungsdiensten, Pflegeeinrichtungen usw. gibt es einen Grund mehr, sich (vollständig) impfen zu lassen. Wer dies nicht tut, muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen und dem Wegfall der Vergütung rechnen. Selbst wenn der Arbeitnehmer im Recht sein sollte, muss damit rechnen, seinem Recht hinterherzulaufen. Sei es, dass er sich gegen eine Kündigung oder Nicht-Beschäftigung wehren muss. Sei es, dass er den Lohn oder Lohnersatzleistungen einklagen muss.

 

Nachfolgend die fragliche Vorschrift (§ 20a Infektionsschutzgesetz) im Volltext:

(1) Folgende Personen müssen ab dem 15. März 2022 entweder geimpfte oder genesene Personen im Sinne des § 2 Nummer 2 oder Nummer 4 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung sein:

1.
    Personen, die in folgenden Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind:

    a)        Krankenhäuser,
    b)        Einrichtungen für ambulantes Operieren,
    c)        Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
    d)        Dialyseeinrichtungen,
    e)        Tageskliniken,
    f)        Entbindungseinrichtungen,
    g)        Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der in den Buchstaben a bis f genannten Einrichtungen vergleichbar sind,
    h)        Arztpraxen, Zahnarztpraxen,
    i)        Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,
    j)        Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden,
    k)        Rettungsdienste,
    l)        sozialpädiatrische Zentren nach § 119 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
    m)        medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen nach § 119c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
    n)        Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und Dienste der beruflichen Rehabilitation,
    o)        Begutachtungs- und Prüfdienste, die auf Grund der Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder des Elften Buches Sozialgesetzbuch tätig werden,

2.    Personen, die in voll- oder teilstationären Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen oder in vergleichbaren Einrichtungen tätig sind,
3.    Personen, die in ambulanten Pflegediensten und weiteren Unternehmen, die den in Nummer 2 genannten Einrichtungen vergleichbare Dienstleistungen im ambulanten Bereich anbieten, tätig sind; zu diesen Unternehmen gehören insbesondere:

    a)        ambulante Pflegeeinrichtungen gemäß § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie Einzelpersonen gemäß § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,
    b)        ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen,
    c)        Unternehmen, die Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,
    d)        Unternehmen, die Leistungen der interdisziplinären Früherkennung und Frühförderung nach § 42 Absatz 2 Nummer 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und § 46 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit der Frühförderungsverordnung oder heilpädagogische Leistungen nach § 79 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,
    e)        Beförderungsdienste, die für Einrichtungen nach Nummer 2 dort behandelte, betreute, gepflegte oder untergebrachte Personen befördern oder die Leistungen nach § 83 Absatz 1 Nummer 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen, und
    f)        Leistungsberechtigte, die im Rahmen eines Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch Personen für die Erbringung entsprechender Dienstleistungen beschäftigen.

Satz 1 gilt nicht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.

(2) Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens bis zum Ablauf des 15. März 2022 folgenden Nachweis vorzulegen:

1.    einen Impfnachweis im Sinne des § 2 Nummer 3 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung,
2.    einen Genesenennachweis im Sinne des § 2 Nummer 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung oder
3.    ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.

Wenn der Nachweis nach Satz 1 nicht bis zum Ablauf des 15. März 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass

1.    der Nachweis nach Satz 1 nicht der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens, sondern dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle gegenüber zu erbringen ist,
2.    die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht durch die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens, sondern durch die nach Nummer 1 bestimmte Stelle zu erfolgen hat,
3.    die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht gegenüber dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, sondern gegenüber einer anderen staatlichen Stelle zu erfolgen hat.

(3) Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen ab dem 16. März 2022 tätig werden sollen, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorzulegen. Wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Eine Person nach Satz 1, die keinen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorlegt, darf nicht in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen beschäftigt werden. Eine Person nach Satz 1, die über keinen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 verfügt oder diesen nicht vorlegt, darf nicht in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig werden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann allgemeine Ausnahmen von den Sätzen 4 und 5 zulassen, wenn das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite einen Lieferengpass zu allen Impfstoffen mit einer Komponente gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, die für das Inverkehrbringen in Deutschland zugelassen oder genehmigt sind, bekannt gemacht hat; parallel importierte und parallel vertriebene Impfstoffe mit einer Komponente gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bleiben unberücksichtigt.

(4) Soweit ein Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 ab dem 16. März 2022 seine Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verliert, haben Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens einen neuen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit des bisherigen Nachweises vorzulegen. Wenn der neue Nachweis nach Satz 1 nicht innerhalb dieses Monats vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Personen haben dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorzulegen. Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, so kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden kann. Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Satz 2 nicht Folge leistet, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtung oder eines in Absatz 1 Satz 1 genannten Unternehmens dienenden Räume betritt oder in einer solchen Einrichtung oder einem solchen Unternehmen tätig wird. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine vom Gesundheitsamt nach Satz 2 erlassene Anordnung oder ein von ihm nach Satz 3 erteiltes Verbot haben keine aufschiebende Wirkung.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht für die in den Einrichtungen oder von den Unternehmen behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen.

(7) Durch die Absätze 1 bis 5 wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.