Aufklärung Fehlanzeige - Bundesagentur ignoriert Rechtsprechung zur Dauerleihe

Sechs Monate sind vergangen, seit das Bundesarbeitsgericht - Beschluss vom 10.07.2013 - 7 ABR 91/11 die nicht-vorübergehende Überlassung für unzulässig erklärt hat. Und doch befinden sich weiterhin Tausende Leiharbeitnehmer in verbotenen unbefristeten Überlassungen.

Rechtswidrige Überlassungen werden fortgesetzt

Viele Verleihunternehmen haben keine Veranlassung gesehen, ihre Arbeitnehmer zurückzurufen. Und auch die Entleiher machen fröhlich weiter, schließlich wurden sie durch das BAG - Urteil vom 10.12.2013 - 9 AZR 51/13 vor der zwangsweisen Übernahme bewahrt.

Was macht die Aufsicht führende Bundesagentur für Arbeit?

Im neuen Merkblatt für Leiharbeitnehmer sucht man den Begriff "vorübergehend" vergeblich. Aufklärung Fehlanzeige. Und auch die Geschäftsanweisung Arbeitnehmerüberlassung ist noch nicht aktualisiert; es darf bezweifelt werden, dass die BA-Prüfer den Verleihunternehmen, insbesondere den Personalservicegesellschaften auf den Zahn fühlen.

Unionsrechtlicher Haftungsanspruch?

Langsam wird es Zeit, auch im eigenen Interesse. Längst prüfen Anwälte und Gewerkschaftsjuristen, ob eine Haftung unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Schadensersatzes wegen der Nichtumsetzung der EU-Richtlinie 2008/104/EG Erfolg verspricht. Keine schlechte Idee, zumal der Gesetzgeber und Vertreter des Bundesarbeitsministeriums öffentlich den Standpunkt vertreten haben, dass die dauerhafte Überlassung erlaubt bleibt.

 

Musterschreiben an das Bundesministerium für Arbeit:

Das Musterschreiben, gerichtet an den zuständigen Staatssekretär des BMAS, ermöglicht die Geltendmachung des Anspruchs.

 

 

LAG Hamburg: Dürfen Zeiten des Nichteinsatzes mit dem Arbeitszeitkonto verrechnet werden?

Das LAG Baden-Württemberg - Urteil vom 12.03.2012- 22 Sa 58/11- hat in einem Musterverfahren entschieden, dass die Zeiten des Nichteinsatzes ohne weiteres mit dem Arbeitszeitkonto verrechnet werden dürfen. Das heißt, die Arbeitnehmer müssen in diesem Fall Minusstunden hinnehmen. Ein von den Arbeitgebern der Zeitarbeit durchgängig praktizierte Handhabung des Arbeitszeitkontos.

Im Ergebnis führt diese Auslegung der Tarifverträge dazu, dass die Leih-/Zeitarbeitnehmer selbst für den Nichteinsatz bezahlen müssen. Aus Sicht vieler Arbeitnehmervertreter und der Bundesagentur für Arbeit  ist die Verlagerung des Risikos auf die Arbeitnehmer kritisch zu beurteilen, immerhin besteht gemäß § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG ein Verbot, vom Grundsatz der Bezahlung bei Annahmeverzug abzuweichen.

Mit Spannung darf deshalb auf den Ausgang des Verfahrens beim Bundesarbeitsgerichts  - 4 AZR 483/12 - gewartet werden. Das Urteil wird voraussichtlich im April gesprochen.

Zuvor - am 22. Januar 2014 - wird sich das LAG Hamburg in einem weiteren Musterverfahren mit dieser Fragestellung befassen. Die Arbeitnehmerin wird von der Verdi unterstützt und durch unsere Kanzlei vertreten.

 

Terminsbericht:

Der Rechtsstreit wurde ruhend gestellt, da die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 16. April 2014 - 5 AZR 483/12 - abgewartet werden soll.

 

Tarifverträge Zeitarbeit - Kommentierung Denzel/Thieß liegt vor

 

Mit Wirkung zum 1. November 2013 sind die neuen Tarifverträge für die Zeitarbeit in Kraft getreten. Jetzt liegt die 2. Auflage der Verdi-Kommentierung vor, die die Änderungen berücksichtigt.

Die Rechtsanwälte Gerd Denzel und Holger Thieß kommentieren die Tarifverträge nach Stichworten und geben zahlreiche praktische Tipps. Die Kommentierung enthält u. a.

  • einen umfangreichen Berufs- und Tätigkeitskatalog zur richtigen Eingruppierung
  • die wichtigsten Merksätzen für die Leiharbeit
  • die Praxishilfe „Jeder Cent zählt“ sowie
  • zahlreiche nützliche Tipps und Adressen

Ein besonderes Augenmerk legen die Autoren auf die korrekte Handhabung des Arbeitszeitkontos sowie auf die Meldepflichten und die Bezahlung bei Nichteinsatz. Hier legen die Arbeitgeber die Tarifverträge häufig zu Lasten der Arbeitnehmer aus (Wie gerade bekannt wurde, wird das Bundesarbeitsgericht in Kürze eine Grundsatzentscheidung treffen).

Auch die Branchenzuschläge werden behandelt, wobei hier ergänzend auf die Verdi-Broschüre "Praxishilfe Tarifverträge Branchenzuschläge" hingewiesen wird.

Dauerleihe: Wie geht es jetzt weiter?

 

Einen Tag nach dem Urteil des BAG fragen sich die Juristen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, wie es jetzt wohl weiter gehen mag. Da gibt es einerseits den Beschluss des 7. Senats, der unbefristete Überlassungen für unzulässig erklärt. Und andererseits das Urteil des 9. Senats, welches sich weigert, eine unzulässige Dauerüberlassung zu sanktionieren. 

Was passiert nun mit den Arbeitnehmern, die ...

Dauerleihe - BAG spielt den Ball zurück zum Gesetzgeber

 

Aus der Traum. Der 9. Senat des BAG verweigert einem dauerhaft überlassenen Leiharbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit dem Entleihunternehmen (Urteil vom 10.12.2013 - 9 AZR 51/13).

Keine Rechtsgrundlage

Es gebe keine Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Arbeitsverhältnisses, eine "planwidrige Regelungslücke" liege nicht vor. Auch die EU-Richtlinie helfe nicht weiter: Dort sei geregelt, dass die Mitgliedsstaaten über die Art der Sanktionen zu entscheiden hätten.

Das BAG spielt den Ball zurück

Mit diesem Urteil spielt das BAG dem Gesetzgeber den Ball wieder zurück. Während die Kanzlerin auf die Vorgaben aus Erfurt gewartet hat, ist man dort nicht bereit, die Verantwortung zu übernehmen. Jetzt ist der Gesetzgeber gefordert.

Welche Sanktion soll es geben?

Viele tausend Leiharbeitnehmer stecken seit Jahren in unbefristeten Leiharbeitsverhältnissen. Und damit in einer rechtlichen Situation, die der 7. Senat in seiner Entscheidung vom 10.07.2013 - 7 ABR 91/11 für unzulässig erklärt hat.

Viele Fragen bleiben offen:

  • Werden die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der unzulässigen Dauerleihe endlich geregelt?
  • Wird der Gesetzgeber Sanktionen verhängen, ggf. welche?
  • Schafft der (neue) Gesetzgeber eine Rechtsgrundlage zugunsten der Leiharbeitnehmer?
  • Werden ggf. auch die Leiharbeitnehmer profitieren, die bereits seit Jahren in der Dauerleihe stecken? Oder müssen sie jetzt die Entleihunternehmen verlassen?

Eines ist klar: Der Gesetzgeber muss handeln. Und zwar schnell!

 

Dies zeigt der ZDF-Bericht, der den entschiedenen Fall ausführlich schildert

 

 

Das große Zittern – BAG entscheidet über das Schicksal vieler Leiharbeitnehmer

 

Im Juli 2013 gab es den ersten Paukenschlag aus Erfurt: Der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erklärte die nicht-vorübergehende Überlassung von Arbeitnehmern für unzulässig. Seitdem können Betriebsräte die unbefristete Leiharbeit in ihrem Unternehmen verhindern.

Folgt am 10. Dezember der nächste Paukenschlag? Viele Unternehmen, die ihre Leiharbeitnehmer bereits zuvor für einen langen Zeitraum entliehen haben, zittern: Müssen sie die Arbeitnehmer zum Verleiher zurückschicken? Oder bekommen die Leiharbeitnehmer womöglich ein Arbeitsverhältnis in ihrem Unternehmen zugesprochen?

Der 9. Senat des BAG wird in der zweiten Grundsatzentscheidung darüber befinden, ob ein dauerhaft überlassener Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis zum Entleihunternehmen einklagen kann (9 AZR 51/13). Nur selten hat eine Entscheidung des höchsten Arbeitsgerichts eine derart weitreichende Bedeutung gehabt:

Tausende Leiharbeitnehmer hoffen auf eine gesicherte Stellung in „ihrem“ Entleihunternehmen. Dazu vielleicht sogar auf Nachzahlungen für die Zeit seit der Gesetzesänderung, das heißt seit dem 1. Dezember 2011.

Die Entscheidung ist völlig offen. Offen ist auch, welchen Einfluss die eine oder andere Entscheidung auf die Pläne der Großkoalitionäre haben wird. Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Rechtsanwälte, Arbeitsgerichte und nicht zuletzt die Politik warten mit Spannung auf die Entscheidung des BAG.

Auch eine große Zahl unserer Mandantinnen und Mandanten  ist  unmittelbar betroffen. Die über 100 Arbeitnehmer der Asklepios-Personalservicegesellschaften in Brandenburg, Lübben und Teupitz, die in unbefristeten Überlassungen stecken, schauen am Dienstagvormittag gebannt nach Erfurt.

Fragen zum Inhalt und zu den Folgen des BAG-Urteils beantwortet RA Holger Thieß ab Dienstagnachmittag. Per e-mail (h.thiess@templin-thiess.de) oder per Telefon: 040 / 280 54 97-0.

Verstoß gegen Mitbestimmung - ArbG Düsseldorf untersagt Leiharbeit in SB-Warenhaus

 

Mit zwei hochinteressanten Entscheidungen hat das Arbeitsgericht Düsseldorf neue Bewegung in den Kampf gegen den Missbrauch von Leiharbeit gebracht. Dem Entleihunternehmen, dem Betreiber einer SB-Warenhausketter, wurde gleich doppelt untersagt, Leiharbeitnehmer unter Verstoß gegen die betriebliche Mitbestimmung einzusetzen. Bei Verstoß drohen empfindliche Ordnungsgelder. ....

 

BMW Werk Leipzig - schöne, neue Arbeitswelt

 

Zukunftsweisend, so nennt unser ehemaliger Straßenkämpfer und Außenminister eines der jüngsten Produkte der Bayerischen Motorenwerke (BMW). In einem Werbespot überschlägt er sich mit Lob für ein in Leipzig entwickeltes Elektrogefährt.

BWW-Werk Leipzig? Da war doch was ...

Ein gut recherchierter Bericht von Dietmar H. Lamparter (zeit-online vom 29.11.2013) erinnert uns daran, dass nicht alle Beteiligten von der Innovationskraft und Kreativität der BMW-Manager profitieren, Stichwort: Fünfklassengesellschaft. Lesenswert, Herr Fischer !

 

 

Leiharbeit und Werkvertrag im Koalitionsvertrag - ein Kurzkommentar

 

Die rot-grüne Koalition hat dem Missbrauch von Leiharbeit Tür und Tor geöffnet. Die schwarz-gelbe Koalition hat wegen des zwingenden EU-Rechts einige Korrekturen vornehmen müssen. Im Schatten der "Verbesserungen" ist der Werkvertrag wieder in Mode gekommen, er wird inzwischen systematisch und strategisch für Tarifflucht und Personalabbau genutzt.

Schönheitskosmetik

Die avisierten Korrekturen im Koalitionsvertrag sind Schönheitskosmetik und vollziehen überwiegend nur das nach, was die Rechtsprechung bereits entschieden hat. Die Ausweitung der missbräuchlichen Werkverträge kann so nicht gestoppt werden: Es wird weiterhin viele Beschäftigte zweiter und dritter Klasse mit schlechter Bezahlung, mit unsicheren Arbeitsbedingungen und ohne Tarifindung geben. Was ihnen bleibt, ist der Mindestlohn.

Spaltung und Verunsicherung werden bleiben

Eine politische Umgestaltung des Arbeitsrechts im Interesse der "kleinen, fleißigen Leute" sieht anders aus. Die Spaltung des Arbeitsmarkts bleibt erhalten, die Verunsicherung der "Normalbeschäftigten" auch.  Bedauerlich, zumal die parlamentarische Mehrheit für Reformen und echte Verbesserungen da wäre.

 

 

 

Leiharbeit und Werkvertrag - Was fehlt im Koalitionsvertrag?

 

Der Koalitionsvertrag sieht die Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen vor. Ergebnis: Vieles fehlt,

Im Einzelnen: ...

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