Vorübergehend = Nicht vorübergehend? Antwort auf RA Jörg Hennig

 

"Wir meinen allerdings: viel Rauch um nichts! Und wir gehen davon aus, dass „vorübergehend“ bald auch wieder „nicht vorübergehend“ bedeuten wird."

 

Vorübergehend = Nicht-vorübergehend. Mit dieser Prognose schließt ein lesenswerter Aufsatz des Kollegen Jörg Hennig  zum Thema Dauerleihe.

Wenn schon ausgewiesene Experten eine Ausnahme von den Gesetzen der Denklogik bemühen müssen, mag man ahnen, dass es um die Argumente für eine Zulässigkeit der Dauerleihe nicht zum Besten bestellt ist. Die Ausführungen des Kollegen stellen die maßgeblichen Rechtsfragen zutreffend dar, beantworten diese aber nicht überzeugend. Dem Leser wird nicht wirklich klar, woher der Autor seinen Optimismus nimmt.

Dauerleihe ist Missbrauch

Vor allem übersieht Hennig,

  • dass die EU-Richtlinie die nicht-vorübergehende Überlassung sehr wohl als Missbrauch ansieht (siehe Art 5 Abs. 5 RL-Leiharbeit),
  • dass der Missbrauch nicht die Anwendbarkeit der Richtlinie ausschließt und
  • dass der Gesetzgeber durchaus eine "Höchstüberlassungsfrist" (wenn auch ein flexible) einziehen wollte.

Dauerarbeitsplatz ungleich Dauerbedarf

Richtig ist dagegen der Hinweis, dass die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen nicht von vornherein unzulässig ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Leiharbeitnehmer einen dauerhaften Bedarf beim Entleiher abdeckt. Gibt es beispielsweise keinen Stammarbeitnehmer, der den Dauerarbeitsplatz inne hat und auf ihn zurückkehren soll, spricht dies für eine unzulässige Dauerleihe.

Arbeitsgericht legen Rechtsfolgen fest

Was die Rechtsfolgen angeht, wird es in der Tat spannend bleiben - insoweit verdienen der Autor Zustimmung. Es werden die Arbeitsgerichte sein, die entscheiden müssen, was je nach den Umständen des Einzelfalles eine "wirksame, angemessene und abschreckende Sanktion" (Art 10 Abs. 2 RL-Leiharbeit) darstellt: Zustimmungsverweigerung, Arbeitsplatz beim Entleiher, Equal Pay?

CGZP-Prozesse: Renitente Verleihunternehmen, findige Juristen, lustlose Arbeitsgerichte

 

Die Sache schien im Dezember 2010 klar zu sein. Nachdem das BAG die CGZP-Tarifverträge für unwirksam erklärt hatte, sollten die Nachzahlungen reine Formsache sein. Es ist anders gekommen: Die Umsetzung der CGZP- Entscheidung hat sich als Flop erwiesen.

 

Renitente Verleihunternehmen, findige Juristen, lustlose Arbeitsgerichte

Freiwillige Nachberechnungen sind erwartungsgemäß ausgeblieben, die Arbeitsagentur hat die Einhaltung des Gesetzes nicht kontrolliert, von ca. 300.000 Betroffenen haben gerade mal 1.500 geklagt. Und wer klagt, muss sich mit renitenten Verleihunternehmen, findigen Juristen und lustlosen Arbeitsgerichten herumschlagen.

Verschleppte Prozesse, Fehlurteile, wenige Erfolge

Jenseits aller juristischen Details ist es wirklich erstaunlich: Rechtliche Spitzfindigkeiten (Verzichtklauseln, Ausschlussfristen, unübersichtliche Änderungsverträge) und prozessuale Kniffe (Aussetzung, Nichtherausgabe von Lohnunterlagen, Bestreiten von geleisteten Stunden usw.) führten zu verschleppten Prozessen, zu katastophalen Fehlurteilen oder zu schlechten Vergleichen. Es sind bisher nur eine Handvoll Urteile bekannt geworden, in denen Leiharbeitnehmer gesiegt haben.

Neue Hoffnung durch BAG-Urteile am 13. März?

Alle Leiharbeitnehmer, die noch nicht von Arbeitgebern und Arbeitsgerichten weichgekocht worden sind, setzen ihre Hoffnung auf das BAG. Das höchste Gericht muss endlich klarstellen, dass sich die Arbeitgeber nicht auf den Verfall von Ansprüchen berufen dürfen und dass der Verleiher mit der einer Blockadehaltung prozessual keinen Erfolg haben darf.

Zu erwarten sind Urteile, die den Weg für die Nachzahlungsansprüche weisen und die zeitliche Grenze festlegen, bis wann Ansprüche noch mit Erfolg durchgesetzt werden können. Vielleicht kommt dann ja doch noch die nicht mehr erwartete Klagewelle ....

Nächste LAG-Urteile zur Dauerleihe am 5. Februar 2013

 

Die jüngste Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg zur Dauerleihe hat ein großes Echo gefunden. Wer hätte schon damit gerechnet, dass der Leiharbeitnehmerin ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zugesprochen wird? Während alles auf die schriftliche Begründung wartet, kündigen sich schon die nächsten Entscheidungen an.

Am 5. Februar, 10.00 Uhr wird sich die 16. Kammer mit der gleichen Konstellation befassen (16 Sa 1637/12).

 

Urteil zu Equal Treatment im Folgetermin

Besonders interessant: Das LAG wird in dem Folgetermin (11.00 Uhr) auch darüber zu befinden haben, ob der Arbeitnehmerin - zusätzlich oder hilfsweise - ein Anspruch auf Equal Pay/Equal Treatment gegenüber ihrem Formalarbeitgeber, dem Verleihunternehmen, zusteht (16 Sa 1636/12).

Zu hoffen ist dabei auf eine Entscheidung in der Sache. Die Vorinstanz (ArbG Brandenburg - Urteil 11.07.2012 - 3 Ca 251/12) hatte (ebenso wie in einem Parallelverfahren die Kammer 8 des LAG Berlin-Brandenburg - Urteil vom 26.09.2012 - 8 Sa 1183/12) die Feststellungsklage mangels Bestimmtheit für unzulässig erachtet.

Kündigungsschutz: Leiharbeitnehmer sind bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen

 

Große Überraschung in Erfurt: Die in einem Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer sind bei der Ermittlung der Betriebsgröße zu berücksichtigen.

Wie sich aus der nachstehenden Pressemeldung des BAG ergibt, kann die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern dazu führen, dass der volle Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes greift. Besetzen Leiharbeitnehmer normale Arbeitsplätze des Arbeitgebers, so sind sie bei der Betriebsgröße hinzuzuzählen.

Bisher waren Literatur und Rechtsprechung ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Leiharbeitnehmer nicht mitzählen. Dieser Auffassung hat sich das BAG entgegengestellt. In der Praxis ist mit Spannung zu erwarten, wie betroffene Arbeitgeber reagieren werden. Viele haben genau gerechnet und sich nun möglicherweise verrechnet...

Die Pressemitteilung des BAG vom 24. Januar 2013

Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG gilt das Kündigungsschutzgesetz für nach dem 31. Dezember 2003 eingestellte Arbeitnehmer nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Bei der Berechnung der Betriebsgröße sind auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf beruht. Dies gebietet eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der gesetzlichen Bestimmung.
Der Kläger war seit Juli 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Diese beschäftigte einschließlich des Klägers zehn eigene Arbeitnehmer. Im November 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristgerecht. Mit seiner Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, bei der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer seien auch die von der Beklagten eingesetzten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen, weil das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Die Revision des Klägers hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Es ist nicht auszuschließen, dass im Betrieb der Beklagten mehr als zehn Arbeitnehmer iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG beschäftigt waren. Der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern steht nicht schon entgegen, dass sie kein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber begründet haben. Die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes soll der dort häufig engen persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringt, die Inhaber kleinerer Betriebe typischerweise stärker belastet. Dies rechtfertigt keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder dem entliehener Arbeitnehmer beruht.
Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es steht noch nicht fest, ob die im Kündigungszeitpunkt im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer aufgrund eines regelmäßigen oder eines für den Betrieb „in der Regel“ nicht kennzeichnenden Geschäftsanfalls beschäftigt waren.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Januar 2013 - 2 AZR 140/12 -
Vorinstanz: LAG Nürnberg, Urteil vom 27. Juli 2011 - 4 Sa 713/10 -

BAG hält die DGB-Tarifgemeinschaft zur Leiharbeit für tariffähig

 

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat kürzlich – der Beschluss aus März 2012 wurde erst Ende 2012 veröffentlicht – einen Rechtsstreit um Differenzvergütung zu equal pay wegen Zweifeln an der Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften in der Zeitarbeit ausgesetzt (Beschluss vom 20. 3. 2012 – 22 Sa 71/11). Das Landesarbeitsgericht hielt die Tariffähigkeit der DGB-Gewerkschaften in der Zeitarbeit für zweifelhaft. Das ergebe sich daraus, dass die Beklagte von der Tariffähigkeit ausgehe, was der Kläger mit Substanz bestritten habe.

Entscheidung des BAG mit Bange erwartet

Der Leiharbeitnehmer bezweifelte die Tarifzuständigkeit und Tariffähigkeit der DGB-Gewerkschaften – und schlussfolgerte hieraus: Nichtigkeit der Tarifverträge und Anspruch auf equal pay, § 10 Abs. 4 AÜG. Er meinte, weder die Einzelgewerkschaften noch der DGB seien satzungsgemäß für gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung zuständig. Es fehle auch an der Tariffähigkeit: Die DGB-Gewerkschaften hätten in der Zeitarbeitsbranche kaum Mitglieder.

Die Bekanntgabe der Entscheidung sorgte für große Unruhe. Der Beschluss über die Rechtsbeschwerde des Bundesarbeitsgerichts wurde mit Bange erwartet (1 AZB 72/12).

Keine vernünftigen Zweifel an Tariffähigkeit

In dem (noch unveröffentlichten) Beschluss des 1. Senates des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.2012 wurde jetzt entschieden : Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LAG BW vom 20. März 2012 aufgehoben. Aus der Begründung: "Es ist nicht ersichtlich, dass an der Tariffähigkeit der "DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit" vernünftige Zweifel bestehen."

(Quelle: www.igz.de)

LAG Berlin-Brandenburg - Urteil vom 9. Januar 2013: Schein-/Dauerleihe führt zu Arbeitsverhältnis zwischen Entleihunternehmen und Leiharbeitnehmerin

 

Das ist ein Paukenschlag:

Erstmalig hat ein Landesarbeitsgericht einer Leiharbeitnehmerin ein Arbeitsverhältnis zum Entleihunternehmen deswegen zugesprochen, weil die Überlassung nur dazu dient, Lohnkosten zu senken und den Kündigungsschutz zu umgehen.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 9.Januar 2013 - 15 Sa 1635/12 - der Klage einer Diplom-Psychologin stattgegeben, die seit dem Jahr 2010 durchgehend an die Asklepios Klinik Brandenburg überlassen wird. Die bei einer konzerninternen Personalservicegesellschaft beschäftigte Mitarbeiterin wird von Anfang an als Arbeitnehmerin des Krankenhauses angesehen und kann nun Beschäftigung und Nachzahlung verlangen.

Die Klägerin beauftragte die Kanzlei Templin & Thieß Rechtsanwälte aus Anlass der AÜG-Änderung im Dezember 2011. Das Arbeitsgericht Brandenburg wies die Klage ab, ebenso wie die 7. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg in dem Parallelverfahren einer Kollegin (Urteil vom 16.10.2012 - 7 Sa 1182/12). Die 15. Kammer kam zu einem anderen Ergebnis und gab der Klägerin recht.

 

 

Die Orientierungssätze der 15. Kammer lauten:

 

1. Zur Scheinleihe

a) Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung stellt es einen institutionellen Rechtsmissbrauch dar, wenn das verleihende Konzernunternehmen nur an ein oder mehrere Konzernunternehmen verleiht, nicht am Markt werbend tätig ist und die Einschaltung dieses Verleihunternehmens nur dazu dient, Lohnkosten zu senken oder kündigungsschutzrechtliche Wertungen ins Leere laufen zu lassen.

b) In einem solchen Falle kommt dem Scheinentleiher die Arbeitgeberstellung zu.

 

2. Zur Dauerleihe

a) Jedenfalls für die Zeit ab dem 1. Dezember 2011 ist eine schon erteilte Erlaubnis nach § 1 AÜG auf die vorübergehende Überlassung beschränkt. Die Überlassung auf Dauer ist nicht (mehr) erlaubnisfähig.

b) Eine Überlassung von Arbeitnehmern, die auf Dauer angelegt ist, erfolgt nicht mehr vorübergehend. Dies ist der Fall, wenn die verliehenen Arbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen eingesetzt werden, für die keine Stammarbeitnehmer vorhanden sind.

c) Erfolgt die Überlassung eines Arbeitnehmers an den Entleiher nicht nur vorübergehend, kommt nach §§ 10 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., 9 nr. 1 AÜG ab dem 01.12.2011 ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zustande.

 

Die Revision wurde zugelassen. Die schriftliche Begründung des Urteils liegt noch nicht vor.

LAG Berlin-Brandenburg untersagt die Beschäftigung von Leiharbeitnehmerinnen auf Dauerarbeitsplätzen

 

Im Streit um die rechtliche Zulässigkeit von Dauerleiharbeit hat der Betriebsrat der Asklepios-Klinik in Brandenburg einen Erfolg erzielt: Auf Dauerarbeitsplätzen dürfen keine Zeitarbeiter eingesetzt werden.

 

Mit Beschluss vom 19.12.2012 hat das LAG Berlin-Brandenburg (Az. 4 TaBV 1163/12) dem Arbeitgeber die Einstellung dreier Leiharbeitnehmerinnen untersagt und damit den Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg vom 24.04.2012 aufgehoben.

EU-Richtlinie führt zum Verbot der Einstellung

Das LAG wies in der mündlichen Urteilsbegründung vor allem auf die Bestimmungen der EU-Richtlinie zur Leiharbeit 2008/104/EG hin. Der Richtlinie sei zu entnehmen, dass Dauerüberlassungen - wie im vorliegenden Falle - unzulässig seien. Da der Gesetzgeber zu den Folgen der unzulässigen Dauerleihe keine Regelung getroffen habe, müsse dies von den Arbeitsgerichten erledigt werden. In diesem Sinne wertete das Landesarbeitsgericht die Bestimmungen als ein Verbot, das schon die Aufnahme einer solchen Tätigkeit verhindern wolle. Dementsprechend durfte der Betriebsrat die Anträge auf Zustimmung gemäß § 99 BetrVG ablehnen.

Kein Umgehung durch Befristung

Das Verbot könnten Arbeitgeber auch nicht dadurch umgehen, dass sie die jeweiligen Leiharbeitnehmer nur befristet einstellen. Entscheidend sei, ob ein Dauerarbeitsplatz beim Kunden besetzt werde.

Zwei zu eins

Mit dieser Entscheidung steht es zwei zu eins:

Das LAG Niedersachsen hatte am 19.09.2012 im Sinne des Betriebsrats entschieden, das LAG Düsseldorf am 02.10.2012 zugunsten des Arbeitgebers; diese Verfahren sind bereits in der Revision. Der hiesige Rechtsstreit dürfte folgen, da die Revision zugelassen worden ist; die schriftliche Urteilsbegründung wird in Kürze vorliegen.

Branchenzuschläge - Spannung vor der Lohnerhöhung

 

Seit dem 1. November gelten Tarifverträge, die Leiharbeitnehmern,  u. a. in der Metallindustrie und in der Chemieindustrie, einen Zuschlag garantieren. Es gibt zwei Baustellen.

 

Baustelle 1 "Lohnerhöhung für Leiharbeitnehmer"

Sind Leiharbeitnehmer länger als 6 Wochen bei dem selben Entleiher der betroffenen Branche eingesetzt, so erhalten Sie 15 % mehr Stundenlohn. In den folgenden Monaten können sich diese Zuschläge auf bis zu 50 % erhöhen.

Diese Regelungen sind in ihrer Art neu, und es wird mit Spannung darauf gewartet, wie die Arbeitgeber die Berechnungen durchführen. Speziell die IG Metall steht in den Startlöchern, um ihren Mitgliedern zum Recht zu verhelfen.

 

Baustelle 2  "Mitbestimmung in den Entleihunternehmen der Metallindustrie"

Die andere Baustelle ist die Mitbestimmung des Entleiher-Betriebsrats in den Unternehmen der Metallindustrie. Ausgangspunkt ist § 5 Abs. 3 des TV Leih-/ Zeitarbeit, der den Einsatz von Leiharbeitnehmern nur noch zulässt, wenn

1. der Verleiher tarifgebunden (BAP oder IGZ oder Tarifvertrag mit der Tarifgemeinschaft des DGB oder der iG Metall) ist

und

2. den Branchenzuschlag gemäß Zuschlags-TV zahlt.

Stellt der Betriebsrat fest, dass das Verleihunternehmen nicht tarifgebunden ist bzw. keinen Zuschlag zahlt, kann er die Zustimmung zu Einstellungen von
Leiharbeitnehmern dieser Firma verweigern. Weigert sich der Arbeitgeber beharrlich, den § 5.3 TV Leih-/Zeitarbeit bei der Auswahl des Verleihunternehmens zu beachten, kann er zudem nach § 23 Abs. 3 BetrVG vorgehen und Unterlassung der Zusammenarbeit verlangen.

Arbeitgeber dürfen CGZP-Tarifverträge nicht einseitig ersetzen

 

Die arbeitsvertraglich vereinbarte Befugnis des Arbeitgebers, den geltenden Tarifvertrag einseitig zu ersetzen, benachteiligt die Beschäftigten unangemessen und ist daher unwirksam - LAG Niedersachsen - Urteil vom 21.09.2012 - 6 Sa 112/12.

 

Die Leitsätze lauten:

1. Die arbeitsvertraglich vereinbarte einseitige Ersetzungsbefugnis des Arbeitgebers im Hinblick auf den im Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.

2. Setzt der Entleiher im Aufgabengebiet des Leiharbeitnehmers keine eigenen Stammkräfte, sondern ausschließlich Leiharbeitnehmer ein, folgt aus § 10 Abs. 4 AÜG bei richtlinienkonformer Auslegung, dass der Leiharbeitnehmer dann die Vergütung beanspruchen kann, die für ihn maßgeblich wäre, wenn er vom Entleiher für die gleiche Aufgabe eingestellt worden wäre.

3. Die einzelvertragliche Bezugnahme auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag verstößt gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist unwirksam.

 

Der Arbeitsvertrag des Verleihers nahm Bezug auf CGZP-Tarifverträge und enthielt eine einseitige Ersetzungsbefugnis. Nach der gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge erklärte die Firma mit Bezug auf diese Befugnis, dass nun die Tarifverträge BZA/DGB gelten sollen. Das LAG Niedersachsen stellte die rechtliche Unwirksamkeit der Ersetzungsklausel gemäß § 308 Nr. 4 BGB Link fest. Grund hierfür ist eine unangemessene Benachteiligung der Beschäftigten.

Im Ergebnis haben die betroffenen Arbeitnehmer nach § 10 Abs. 4 Arbeitsüberlassungsgesetz (AÜG)Externer Link Anspruch auf das gleiche Entgelt (equal pay) wie die Stammarbeitnehmer der Entleihfirma.

 

Arbeitsgericht Cottbus ordnet nach Dauerleihe ein Arbeitsverhältnis mit Entleiher an

„Die nicht-vorübergehende Überlassung führt zu einem Arbeitsverhältnis zwischen Entleihunternehmen und Leiharbeitnehmer.“

Dies ist der wesentliche Inhalt des gestern bekannt gegebenen Urteils des Arbeitsgerichts Cottbus vom 29.11.2012 - Aktenzeichen 1 Ca 280/12. Das erste Urteil dieser Art, nachdem die Dauerleihe für unzulässig erklärt worden ist. Und vielleicht der Anfang vom Ende für viele konzerninterne Personalservicegesellschaften.

siehe Pressemeldung vom 05.12.2012

"Sanktionsbefugnis" des Arbeitsgerichts

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