LAG Berlin-Brandenburg untersagt die Beschäftigung von Leiharbeitnehmerinnen auf Dauerarbeitsplätzen

 

Im Streit um die rechtliche Zulässigkeit von Dauerleiharbeit hat der Betriebsrat der Asklepios-Klinik in Brandenburg einen Erfolg erzielt: Auf Dauerarbeitsplätzen dürfen keine Zeitarbeiter eingesetzt werden.

 

Mit Beschluss vom 19.12.2012 hat das LAG Berlin-Brandenburg (Az. 4 TaBV 1163/12) dem Arbeitgeber die Einstellung dreier Leiharbeitnehmerinnen untersagt und damit den Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg vom 24.04.2012 aufgehoben.

EU-Richtlinie führt zum Verbot der Einstellung

Das LAG wies in der mündlichen Urteilsbegründung vor allem auf die Bestimmungen der EU-Richtlinie zur Leiharbeit 2008/104/EG hin. Der Richtlinie sei zu entnehmen, dass Dauerüberlassungen - wie im vorliegenden Falle - unzulässig seien. Da der Gesetzgeber zu den Folgen der unzulässigen Dauerleihe keine Regelung getroffen habe, müsse dies von den Arbeitsgerichten erledigt werden. In diesem Sinne wertete das Landesarbeitsgericht die Bestimmungen als ein Verbot, das schon die Aufnahme einer solchen Tätigkeit verhindern wolle. Dementsprechend durfte der Betriebsrat die Anträge auf Zustimmung gemäß § 99 BetrVG ablehnen.

Kein Umgehung durch Befristung

Das Verbot könnten Arbeitgeber auch nicht dadurch umgehen, dass sie die jeweiligen Leiharbeitnehmer nur befristet einstellen. Entscheidend sei, ob ein Dauerarbeitsplatz beim Kunden besetzt werde.

Zwei zu eins

Mit dieser Entscheidung steht es zwei zu eins:

Das LAG Niedersachsen hatte am 19.09.2012 im Sinne des Betriebsrats entschieden, das LAG Düsseldorf am 02.10.2012 zugunsten des Arbeitgebers; diese Verfahren sind bereits in der Revision. Der hiesige Rechtsstreit dürfte folgen, da die Revision zugelassen worden ist; die schriftliche Urteilsbegründung wird in Kürze vorliegen.

Arbeitsgericht Cottbus ordnet nach Dauerleihe ein Arbeitsverhältnis mit Entleiher an

„Die nicht-vorübergehende Überlassung führt zu einem Arbeitsverhältnis zwischen Entleihunternehmen und Leiharbeitnehmer.“

Dies ist der wesentliche Inhalt des gestern bekannt gegebenen Urteils des Arbeitsgerichts Cottbus vom 29.11.2012 - Aktenzeichen 1 Ca 280/12. Das erste Urteil dieser Art, nachdem die Dauerleihe für unzulässig erklärt worden ist. Und vielleicht der Anfang vom Ende für viele konzerninterne Personalservicegesellschaften.

siehe Pressemeldung vom 05.12.2012

"Sanktionsbefugnis" des Arbeitsgerichts

Neue Senatsrichtlinie: Equal Pay in allen Tochterfirmen der Freien und Hansestadt Hamburg

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat eine Vielzahl von Tochterfirmen, in denen regelmäßig Leiharbeitnehmer eingesetzt worden sind. Und zwar nicht nur in Ausnahmefällen, sondern auf Regelarbeitsplätzen zu erheblich schlechteren Bedingungen als die Stammbeschäftigten.

Lohndumping durch eigene Leiharbeitsfirmen

Teilweise wurden sogar eigene Leiharbeitsfirmen gegründet mit der Folge, dass die dort zu geringeren Tarifen eingestellten Beschäftigten an die Mutter ausgeliehen wurden, natürlich zu den niedrigeren Tarifen. Auch die Gründung von Tochterfirmen für die Organisation von klassischer Leiharbeit im jeweiligen Firmenverbund war ein praktiziertes Geschäftsmodell. Die Lohndumpingmethoden haben bei gleicher Arbeit zu Lohndifferenzen von bis zu mehreren hundert Euro pro Monat geführt.

Selbstverpflichtung des Senats

Wie die Gewerkschaft Verdi jetzt miteilt, hat der Senat eine Richtlinie über die Beschäftigung von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeiter in den Beteiligungen der Freien und Hansestadt Hamburg beschlossen, mit welcher der Missbrauch ausgeschlossen wird. Die Senatsrichtlinie gilt verbindlich für alle Firmen mit einer Mehrheitsbeteiligung der Stadt. In Firmen mit einer Minderheitsbeteiligung sind die Vertreter der Stadt gehalten, in den jeweiligen Aufsichtsgremien entsprechend zu votieren.

Equal Pay ist zwingend vorgeschrieben

Die Übertragung von Regelarbeit an Leiharbeitnehmer darf zukünftig nur noch dann erfolgen, wenn der Personalbedarf temporär ist und durch andere organisatorische und personelle Maßnahmen nicht gedeckt werden kann. Werden Leiharbeitnehmer eingestellt, gilt dafür der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit".

 

Dauerleihe untersagt - das LAG Niedersachsen untersagt die Einstellung gemäß § 99 Abs.2 Satz 1 BetrVG

 

Die Arbeitsgerichte Cottbus und Offenbach waren die ersten Gerichte, die zugunsten des Betriebsrats entschieden haben. Jetzt liegt das erste Urteil eines Landesarbeitsgerichts vor. Und was für eines.

Das LAG Niedersachsen hat mit Beschluss vom 19.09.2012 - 17 TaBV 124/11 ein echtes Zeichen gesetzt. In einer ausführlichen Begründung wird dargelegt, weshalb dem Betriebsrat im Falle einer nicht-vorübergehenden Überlassung ein Zustimmungsverweigerungsrecht gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zusteht.

Betroffen ist ein Zeitungsverlag, der im Jahre 2005 begonnen hatte, alle neuen Stellen mit Leiharbeitnehmern zu besetzen.

Die Leitsätze lauten:

1. Der Dauerverleih von Arbeitnehmern im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist seit der Neufassung des AÜG vom 20.12.2011 (BGBl I. S. 2854), mit dem die Richtlinie 2008/104/EG umgesetzt wurde, unzulässig.

2. Beabsichtigt der Arbeitgeber die unbefristete Einstellung einer Arbeitnehmerin auf einem sog. Dauerarbeitsplatz, kann der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen Gesetzesverstoßes verweigern.

3. Stellt der Arbeitgeber grundsätzlich nur noch Leiharbeitnehmer ein, um eine Senkung der Personalkosten zu erreichen, so kann dies unter Berücksichtung aller Umstände des Einzelfalls als institutioneller Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründen. In einem solchen Fall kann nicht festgestellt werden, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war (§ 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG).

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