BMAS: Neuregelungen zu "vorübergehend" frühestens Ende 2015

Man kann der Großen Koalition nicht vorwerfen, dass sie die notwendigen gesetzlichen Reformen zu den Themen Leiharbeit und Werkvertrag überstürzt. Nach den jüngsten Medienberichten wird Ende 2015 ins Visier genommen.

Dauerleihe geht weiter

Dauerleihe ohne Ende - BAG muss erneut entscheiden

Der 9. Senat des BAG wird am 3. Juni 2014, 11.00 Uhr erneut darüber zu befinden haben, ob ein dauerhaft überlassener Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis zum Entleihunternehmen einklagen kann. Dieses Mal stehen gleich mehrere Mitarbeiterinnen der Asklepios Fachklinik Brandenburg vor Gericht und hoffen auf die Anordnung eines Arbeitsverhältnisses.

Die Leiharbeitnehmerinnen werden - wie ca. 100 weitere Kollegen -  schon seit 5 - 7 Jahren von einer konzerneigenen Personalservicegesellschaft überlassen. Die unbefristeten Überlassungen dauern bis heute an.

Vorübergehend - Warten auf Työntekijäliitto

Mit Spannung wartet die Arbeitsrechts-Gemeinde auf die Grundsatzentscheidung des EuGH in der Sache  Kuljetusalan Työntekijäliitto AKT ./. Öljytuote ry, Shell Aviation Finland Oy (Rechtssache C 533-13). Kaum geht den Arbeitsrechtlern der Name "Kücükdeveci" flüssig über die Lippen, kommt der nächste Zungenbrecher: "Työntekijäliitto".

 

Worum geht es?

EU-Kommission überprüft Regelungen zur Leiharbeit

Die EU-Kommission hat den aktuellen Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2008/104/EG vorgelegt. Der vollständige Bericht sowie weitere Informationen sind über die Webseiten des zuständigen EU-Kommissars verfügbar.

Gesetzesvorschlag gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen

Im Auftrag des NRW-Arbeitsministerium haben die Arbeitsrechtler Prof. Peter Schüren und Prof. Christiane Brors eine detailierten Gesetzenentwurf zur Neuregelung von Leiharbeit und Werkverträgen vorgelegt. Ein sehr durchdachter Vorschlag, der die Diskussion in Schwung bring und das Bundesarbeitsministerium hoffentlich zum Handeln animiert.

Das vollständige Gutachten ist auf den Seiten des Ministerium einzusehen und als PDF herunterzuladen.

"Keine Konsequenzen" - Arbeitsagentur ignoriert Rechtsprechung des BAG zur Dauerleihe

Vor inzwischen acht Monaten hat das Bundesarbeitsgericht - Beschluss vom 10.07.2013 - 7 ABR 91/11 die nicht-vorübergehende Überlassung für unzulässig erklärt hat. Die Bundesagentur für Arbeit zieht daraus "keine Konsequenzen".

In der aktualisierten Geschäftsanweisung zur Durchführung des AÜG (gleichzeitig Leitfaden zur Durchführung von Betriebsprüfungen) heißt es auf Seite 9 unter 1.1.3 Abs. 3:

Arbeitsgericht Cottbus: Equal Pay im Falle der nicht nur vorübergehenden Überlassung

Das Arbeitsgericht Cottbus ist bekannt für mutige und wegweisende Entscheidungen. So war es das erste Gericht, das die nicht nur vorübergehende Überlassung für verboten erklärt und dem Betriebsrat das Recht zur Zustimmungsverweigerung eingeräumt hat.

Jetzt hat das Arbeitsgericht Cottbus - Beschluss vom 06.02.2014 - 3 BV 96/13 wieder für Furore gesorgt:

Dauerleihe - Neue Ansatzpunkte nach Auskunft der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat die Ruhe weg. Während Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Rechtsanwälte und Arbeitsgerichte rätseln, ist ein Gesetzesentwurf nicht in Sicht.

Immerhin hat die Bundesregierung ihr Vorhaben noch einmal bestätigt. Auf eine Kleine Anfrage der Grünen heißt es in der Bundestags-Drucksache 18/421:

Dauerleihe nach BAG-Urteilen: Betriebsrat setzt Eingruppierung der Leiharbeitnehmer durch

Nach den Urteilen des BAG befinden sich die Arbeitsgerichte in der Zwickmühle:

Als nationale Gerichte haben sie einerseits die Aufgabe, die EU-Richtlinie umzusetzen, das heißt Sanktionen für den Fall der verbotenen Dauerleihe zu verhängen. Es kann von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden, dass ein ausdrücklich verbotener Zustand ohne Rechtsfolgen bleibt.
Andererseits müssen die Arbeitsgerichte die Gewaltenteilung beachten, die es dem Gesetzgeber und nicht den Gerichten auferlegt, die Sanktionen vorzugeben.In diesem Sinne hat das BAG der Anordnung eines Arbeitsverhältnisses einen Riegel vorgeschoben.

Arbeitsgericht Cottbus wählt "nächstbeste Lösung"

Im Anschluss daran hat das Arbeitsgericht Cottbus - Beschluss vom 06.02.2014 - 3 BV 96/13 jetzt entschieden, dass die dauerüberlassenen Arbeitnehmer zwar kein Arbeitsverhältnis bekommen dürfen. Sie müssen jedoch - als nächstbeste Lösung - so gut es geht gleichgestellt werden.

Eingruppierung in den Haustarif

So müssen die Leiharbeitnehmer für die Zeit der Dauerüberlassung die gleiche Vergütung erhalten. Die Rechte aus der Betriebsverfassung müssen angeglichen werden. Und nicht zuletzt müsse der Betriebsrat des Entleiherbetriebes die gleichen Mitbestimmungsrechte erhalten.In diesem Sinne wurde dem Arbeitgeber, einem großen privaten Klinikbetreiber aufgegeben, die Eingruppierung der von der Personalservicegesellschaft überlassenen Mitarbeiter in den Haustarif vorzunehmen.

Der Streit um die Dauerleihe geht in die nächste Runde.

Weitere Anträge sind zu erwarten, einige liegen den Gerichten bereits vor: So fordert ein anderer Betriebsrat die Unterlassung, ein weiterer möchte die Wählbarkeit der Leiharbeitnehmer zum Betriebsrat geklärt haben. Die Arbeitnehmer selbst werden vom Verleiher oder Entleiher Nachzahlung oder Schadensersatz verlangen. Und dann ist da noch der Unionsrechtliche Haftungsanspruch wegen Nichtumsetzung der Richtlinie, der sich gegen die BR Deutschland richtet.

Solange der Gesetzgeber untätig bleibt, wird der Streit nicht enden.

 

 

BAG-Urteil zur Dauerleihe: Die Kernaussagen des Urteils

Mit dem Urteil vom 10.12.2013 hat der 9. Senat des BAG entschieden, dass im Falle der nicht-nur-vorübergehenden Überlassung kein Arbeitsverhältnis zum Entleiher entstehe. Die vollständige Begründung des Urteils ist jetzt veröffentlicht.

Was sind die Kernaussagen des Urteils?

1.) Verbot der Dauerleihe
§ 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG verbietet die nicht-nur-vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung (ebenso bereits BAG – Beschluss vom 10.07.2013 – 7 ABR 91/11).

2.) Keine direkte Anwendung von § 10 Abs. 1 AÜG
Eine direkte Anwendung des § 10 Abs. 1 AÜG (= Arbeitsverhältnis zum Entleiher) ist nicht anwendbar, wenn das Verleihunternehmen die erforderliche Erlaubnis besitzt; auch wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG erfolgt.

3.) Keine analoge Anwendung von § 10 Abs. 1 AÜG
Eine analoge Anwendung von § 10 Abs. 1 scheidet aus, da es an der erforderlichen „planwidrigen Regelungslücke“ fehlt. Dem Gesetzgeber war klar, dass er auf die Setzung einer Rechtsfolge verzichtet. Er hat dies bewusst gemacht.

4.) Unionsrecht hilft nicht weiter
Die unionrechtskonforme Auslegung der Bestimmungen des AÜG ändert nichts an der Beurteilung, da die Richtlinien lediglich anordnen, dass nationale Regelungen wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen vorgeben müssen. Wenn der Gesetzgeber sich nicht daran hält, dürfen die Gerichte nicht als Ersatzgesetzgeber auftreten.

5.) Kein Anspruch wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)
Auch ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs ist ausgeschlossen. Entleiher und Verleiher, die sich über die nicht-nur-vorübergehende Überlassung eines Leiharbeitnehmers einigen, missbrauchen kein Recht, sondern sie verstoßen dagegen. Wenn der Gesetzgeber diesen Verstoß bewusst ohne Rechtsfolgen lässt (siehe 4.)), darf die Sanktion nicht über die Konstruktion des § 242 – quasi durch die Hintertür –  eingeführt werden.

 

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