Schein-Werkvertrag - die nächste Entscheidung pro Arbeitnehmer

 

Nach dem LAG Berlin-Brandenburg – Urteil vom 12.12.2012 – 15 Sa 1217/12 und dem LAG Hamm – Urteil vom 24.07.2013 – 3 Sa 1749/12 hat jetzt das LAG Baden-Württemberg – Urteil vom 01.08.2013 – 2 Sa 6/13 nachgezogen:
Die Eingliederung in den alltäglichen Arbeitsablauf schließt einen Werkvertrag oder einen Dienstvertrag aus.

Ein Werkvertrag oder ein Dienstvertrag ist nur anzunehmen,

1. wenn ein schriftlicher Werk-/Dienstvertrag auch so gelebt wird, wie es sich aus der schriftlichen Vereinbarung ergibt und
2. wenn auf Basis dieser Vertragspraxis keine Eingliederung in den Betrieb stattfindet.

Erhalten die betroffenen Mitarbeiter regelmäßig Arbeitsaufträge von eigenen Mitarbeitern des Auftraggebers, so liegt verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vor. Anderslautende Verträge helfen dem Arbeitgeber dann nicht weiter.

Nachdem in den letzten Jahren fast nur abweisende Urteile bekannt wurden, deutet einiges auf einen Wandel in der Rechtsprechung. Sicherlich die Folge eines erheblichen öffentlichen Drucks.

 

Schein-Werkverträge: Wandel in der Rechtsprechung ?

Im Anschluss an die Entscheidung des LAG-Hamm vom 24.07.2013 entbrennt unter den Juristen eine spannende Diskussion: Kündigt sich ein Wandel in der Rechtsprechung an? Werden Werkverträge künftig wieder strenger kontrolliert?

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Schein-Werkvertrag ! LAG Hamm verurteilt Arvato Systems wegen illegaler Leiharbeit

 

Die Bertelsmann-Konzerntochter Arvato Systems ist im Rechtsstreit mit einem ehemaligen Mitarbeiter um einen Werkvertrag unterlegen. Das Landesarbeitsgericht Hamm - Urt. v. 24.07.2013 - 3 Sa 1749/12 bestätigte die Auffassung des Arbeitsgerichts Bielefeld - Urt. v. 05.12.2012 - 6 Ca 1016/12: Bei der Beschäftigung eines Hausmeisters handele es um eine illegale Arbeitnehmerüberlassung durch die Werkvertragsfirma. Die Revision wurde nicht zugelassen.

 

Sieben Kriterien für den Scheinwerkvertrag: Der Gesetzesvorschlag der SPD

 

Mit einem ausführlichen Vorschlag hat sich die SPD-Bundestagsfraktion in die Diskussion um den Missbrauch des Werkvertrages eingeschaltet. Nachzulesen unter Bundestags-Drucksache 17/12378 vom 19.02.2013.

Sieben Kriterien für den Scheinwerkvertrag

Kernstück des Vorschlags ist die Einfügung eines Vermutungstatbestandes als § 1 Abs. 1a AÜG. Diese Vorschrift definiert den Scheinwerkvertrag anhand sieben ausgesuchter Kriterien, von denen drei erfüllt sein müssen, um die Vermutung der Arbeitnehmerüberlassung auszulösen.

Gleiche Sanktion wie bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung

Wird ein Scheinwerkvertrag als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag enttarnt, so soll dies zu einem Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Scheinwerkvertragbesteller führen. Der Scheinwerkvertrag soll also "sanktioniert" werden wie die illegalle Arbeitnehmerüberlassung.

Nachfolgend das Kernstück der Regelung im Wortlaut:

Als § 1 Absatz 1a AÜG wird folgende Regelung aufgenommen:

„Im Hinblick auf einen bei einem anderen als dem Einsatzunternehmen angestellten Arbeitnehmer besteht eine Vermutung für Arbeitnehmerüberlassung, wenn drei der folgenden Merkmale vorliegen:
1. Die Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit eines
im Einsatzbetrieb angestellten oder eines dort innerhalb der letzten zwei Jahre angestellten
Arbeitnehmers;
2. der Arbeitnehmer verwendet Material oder Werkzeug des Einsatzbetriebes;
3. es soll kein Ergebnis erstellt werden, das dem Arbeitgeber zugerechnet werden
kann;
4. eine Gewährleistung des Arbeitgebers ist vertraglich ausgeschlossen;
5. der Arbeitgeber haftet für Auswahl und fristgerechte Zurverfügungstellung der
Arbeitnehmer;
6. es erfolgen von einem konkreten Ergebnis unabhängige Abschlagszahlungen an
den Arbeitgeber;
7. die Tätigkeit des Arbeitnehmers ist im Vertrag mit seinem Arbeitgeber detailliert
beschrieben.
Wenn im Streitfall eine Partei Indizien beweist, die das Vorliegen von drei Merkmalen
vermuten lässt, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass keine Arbeitnehmerüberlassung
vorliegt. Es entscheidet die tatsächliche Durchführung des Vertrags
über seinen Rechtscharakter.“

 

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